Öffnung des deutschen Fernlinienverkehrs für Busse – Segen oder Fluch?
Spätestens seit einem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts kommt Bewegung in die Sache Öffnung des deutschen Fernlinienverkehrs für Busse. Oder doch nicht? Ein Gesetz aus dem Jahre 1934 ist es, was noch heute den Verkehr in Deutschland bestimmt. Ein alter Knochen, oder, wie der stellvertretende Geschäftsführer des VDA, Kay Lindemann, es gestern Vormittag anlässlich eines Symposiums zur Öffnung des deutschen Fernlinienverkehrs für Busse bezeichnete: „Ein anachronistischer Zustand“.
Die Zeit ist gekommen, in der sich der Fernlinienverkehr in Deutschland öffnen muss. Seit einem Jahr jedoch stagniert die Arbeit an entsprechenden rechtlichen Grundlagen. Warum dies so ist, weiß niemand so ganz genau. Weil die Bundesregierung derzeit andere Probleme als den Fernverkehr mit Bussen hat? Oder weil die Bahn die Öffnung weiter blockiert? Schließlich ist sie es, die in Bundeshand ist. Und deren Wohl manchmal das Wichtigste zu sein scheint, zumindest wenn so manche Entscheidung der Bundesregierung aus den vergangenen Jahren betrachtet wird.
Oder ist es nicht möglicherweise auch so, dass die Busunternehmen selbst gar keinen freien Fernlinienverkehr mit Bussen möchten? Dies kam zumindest bei den Teilnehmern des gestrigen Symposiums auf der IAA Nutzfahrzeuge 2010 an. Da klingeln die Ohren, wenn davon die Rede ist, dass der Mittelstand geschützt werden muss, damit die Global Player auf dem Busmarkt gar nicht ins Land dringen können.
Huch, eine Regulierung der Regulierung?, kommt mir da als Gedanke. Und irgendwie entsteht das Gefühl, als hätten die mittelständischen Busunternehmen gar Angst vor der Bahn.
Ein weiterer seltsamer Punkt war die Zielgruppen-Festlegung des Fernlinienverkehrs mit Bussen. Von einkommensschwachen Menschen war da die Rede und von den 60plus, die derzeit um die 60 Prozent der busfahrenden Menschen ausmachen. Doch halt, es kommt immer darauf an, wo man den Ansatz macht für die Thematik. Und eine Frage erübrigt sich dabei doch ganz schnell: Wer unter 60 will auch schon an einer Kaffeefahrt teilnehmen?
Eine Liberalisierung des Fernlinienverkehrs mit der völligen Öffnung für Busse ist notwendig. Natürlich wird auch die Deutsche Bahn dann auf den Markt drängen, aber sie wird den Markt nicht beherrschen. Weil es kaum in ihrem Interesse sein wird, da Linien zu befahren, wo sie zum Beispiel bereits Schienenstrecken lahmgelegt hat. Viel wichtiger als dies ist jedoch der Wettbewerb, der auf wichtigen Strecken entstehen könnte – und der dem Kunden selbst die Wahlfreiheit lässt, zu entscheiden, wie er fährt und wie viel er dafür bezahlt. Der Fernlinienverkehr für Busse wird nicht das ganze Verkehrswesen in Deutschland revolutionieren, wie so mancher gerne möchte, und der andere befürchtet, er wird, und das ist meine persönliche Ansicht, ein Nischenmarkt sein.
„Die Regulierung ist offensichtlich politökonomisch zu begründen“, beschreibt Professor Alexander Eisenkopf von der Zeppelin Universität Friedrichshafen beim gleichen Symposium die derzeitige Stagnation der Liberalisierungspläne der Regierung. Und weiter: „Die Beschränkung des Fernlinienbusses stellt ein klassisches Bahnschutzprogramm dar.“
Nur ein liberalisierter Markt bringt auch den Kunden weiter – und bringt vor allem die notwendige marktwirtschaftliche Gerechtigkeit für Bahn und Busunternehmen. Wie lange es jedoch dauern wird, bis die Regulierung tatsächlich beseitigt sein wird und der Markt sich tatsächlich öffnen kann, steht noch in den Sternen des deutschen Regierungshimmels. Wir bleiben auf jeden Fall am Ball bei diesem, wie wir finden, wichtigen Thema in Sachen Verkehr.
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