Auto Club Europa weist Forderung nach MPU-Verschärfungen klar zurück
Morgen beginnt der 48. Deutschen Verkehrsgerichtstag in Goslar – und der ACE wirft jetzt schon einige Forderungen gleich im Vorfeld über den Haufen. So hat der Auto Club Europa heute, einen Tag vor Beginn, gleich Pfeffer in die Mühlen gestreut und „Forderungen nach einer Verschärfung der Medizinisch-Psychologischen Untersuchung (MPU) als unbegründet zurückgewiesen“.
„48. Deutscher Verkehrsgerichtstag 2010 – Arbeitskreis VI: „Idiotentest“ auf dem Prüfstand
„Medizinisch-Psychologische Untersuchung kein Polizeiverhör“
Der ACE Auto Club Europa hat Forderungen nach einer Verschärfung der Medizinisch-Psychologischen Untersuchung (MPU) als unbegründet zurückgewiesen.
„Wir wollen die MPU weiterhin als eine vertrauensbildende Einrichtung und nicht als eine Art Polizeiverhör, wo von Probanden Geständnisse abverlangt werden“, sagte ACE-Sprecher Rainer Hillgärtner auf dem Verkehrsgerichtstag in Goslar. Er erinnerte daran, dass erst vor einem Jahr die Methodik der MPU neu standardisiert worden sei. Insofern bestehe überhaupt kein dringender Handlungsbedarf. Die jüngst erhobene Forderung, Leberwerte zu ermitteln und in der MPU zu bewerten, nannte Hillgärtner wenig hilfreich. Diese Daten flössen schon heute in die MPU ein. Der Test von Leberwerten sei allerdings wissenschaftlich längst überholt. Aus den fraglichen Erkenntnissen ließen sich keine sicheren Beweismittel ableiten, weil die jeweiligen Resultate etwa durch Medikamenteneinnahme beeinflusst werden könnten. Demgegenüber sei als Alkoholkonsummarker der sogenannte Ethylglucuronid-Wert (EtG) als zuverlässige Auskunft eher verwertbar.
Der ACE verwies dabei auf den TÜV Süd, der neuerdings einen EtG-Test als Alkoholabstinenz-Check anbiete. Vom ACE abgelehnt wird der Vorstoß, MPU-Gespräche per Video aufzuzeichnen und bei Gericht zu verwenden. Damit werde der ganze Sinn und Zweck einer MPU auf den Kopf gestellt. Aufwand und Kosten einer solchen Maßnahme stünden zudem in keinem Verhältnis zum erzielbaren Nutzen.
Schließlich gehe es bei der MPU auch nicht um Strafe, sondern um die Chance, sich wieder in die Verkehrswelt einzugliedern. Die MPU sei damit eine wichtige Einrichtung der Rechtspflege, diene der Verkehrssicherheit und leiste einen wesentlichen Beitrag zum Schutz aller Verkehrsteilnehmer, so der ACE-Sprecher.
Auf dem Verkehrsgerichtstag in Goslar legte der ACE eine zehnseitige Studie zu MPU und Alkoholproblematik vor. Danach ist die Zahl der alkoholbedingten Unfälle von mehr als 53.000 (1978) auf 19.603 (2008) gesunken. Die Zahl der staatlich lizensierten MPU-Begutachtungsstellen habe sich in den vergangenen zehn Jahren mit jetzt bundesweit 259 Einrichtungen mehr als verdoppelt. Zugleich ist die Zahl der polizeilich festgestellten Alkoholverstöße von 230.800 (2001) auf 190.000 (2008) zurückgegangen. Von den rund 100.000 Menschen, die jährlich zur MPU müssen, sind 96 Prozent Männer und lediglich vier Prozent Frauen.
Als „unbedacht“ hat der ACE die im offiziellen Veranstaltungsheft des Verkehrsgerichtstags verwendete Wortwahl „Idiotentest“ kritisiert. Der Begriff sei diskriminierend und werfe einen Schatten auf jene, die für sich selbst gerne eine sprachkulturelle Vorbildrolle übernehmen wollten. Der ACE erinnerte an die jüngste Historie, der zufolge die MPU nach dem 2. Weltkrieg Anfang der 50er-Jahre entwickelt worden sei. Damals habe es viele Kriegsopfer gegeben, die nicht nur körperlich versehrt waren, sondern auch Hirnschäden erlitten hatten. Mittels MPU wurde deren Fahreignung untersucht. Überkommene Klischees und unterentwickelte Menschenachtung führten dann zu Redewendungen wie „Idioten müssen zur MPU“.
In den 70er-Jahren wurden Fahrschüler einer MPU unterzogen, die dreimal durch die Führerscheinprüfung gefallen waren. Heute ist Alkohol mit 70 Prozent der Hauptgrund für die Anordnung einer Medizinisch-Psychologischen Untersuchung, 20 Prozent entfallen auf Drogen. Die übrigen MPU-Teilnehmer kommen zur MPU, weil ihnen 18 Punkte in Flensburg zur Last gelegt worden sind. Die MPU stellt unter anderem Alkoholtätern eine Prognose zur Verkehrsbewährung aus. Den Fahrerlaubnisbehörden dienen die Ergebnisse der MPU zur Vorbereitung ihrer Entscheidung über die Entziehung oder Neuerteilung einer Fahrerlaubnis.“
Quelle Pressemitteilung: Auto Club Europa