Der „Streng vertraulich“e Untergang von Opel?

Es ist immer wieder faszinierend, wie als Der „Streng vertraulich“ eingestufte Papiere der Bundesregierung zu Personen oder Medien gelangen können, welche diese eigentlich weder einsehen noch gar in ihrem Besitz haben dürften. Der „Financial Times Deutschland“ ist nun ein solcher Coup gelungen und dabei kommt zu dem Ergebnis, dass es für den Autobauer aus Rüsselsheim keine Chance mehr gibt.

Dabei sah alles noch so schön und rosarot als vor vielen Monaten, als General Motors, der Mutterkonzern, noch eine Milliarde US-Dollar an Investitionen tätigen wollte, die unter anderem auch Opel zugute kommen sollten. Dann wurde nichts mehr aus dem schönen Geld, die Finanzkrise kam und die Spritspreise kletterten in schwindelerregende Höhen – und GM fuhr, trotz besserem Marktwissen, das zumindest hätte vorhanden sein müssen beim damals noch größten Autohersteller der Welt, nicht die Produktion runter. Stattdessen produzierte General Motors fleissig weiter, Spritschlucker, die dann die Halden füllten und von den Autohändler kaum mehr abgesetzt werden konnten.

Dann ging das Geschrei los, die US-Regierung müsse helfen, was dann auch, nach langem Hin und Her passierte, und GM doch nicht vor dem Schritt in die Insolvenz bewahrte, der am 1. Juni dieses Jahr getan werden musste, und nach erstaunlich kurzer Zeit im Gläubigerschutzverfahren, wieder beendet werden konnte. General Motors wurde rundumsaniert. Doch die Arroganz blieb, und die zeigte sich immer wieder in dem Verhalten, wie unter anderem die Herren von GM Europe auftraten, wenn es um den Verkauf des Tochterkonzerns, Opel, ging. Längst sollte der Verkauf hier über die Bühne sein, aber immer wieder wird alles über den Haufen geworfen von den Entscheidern in den USA. Es scheint immer mehr, als würde man Spielchen spielen mit der Bundesregierung, die inzwischen schon eine dreistellige Millionensumme locker gemacht hatte, in der Ansicht, der kanadische Autozulieferer Magna würde den Deal bekommen.

Doch da hatte jemand die Rechnung ohne den Wirt, in diesem Falle ohne General Motors, gemacht. Und die machen ihr eigenes Ding, fahren ihre eigene Kiste und wollen einfach nur noch am meisten Geld rausschlagen. Verständlich in finanzieller Hinsicht, in moralischer Hinsicht ein Handeln, das keiner weiteren Worte bedarf. Nach 80 Jahren in der Hand des US-Autoherstellers steht Opel nun vor dem Scheideweg, und keiner weiß, ob es in die Insolvenz führt, die Wirtschaftsiminister zu Guttenberg schon mehrfach ins Spiel gebracht hat in der Zwischenzeit, oder zu einer Sanierung, es ist alles unklarer denn je.

© GM Corp
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Sicher ist nur, dass die Absatzzahlen von Opel im Juni weiter anstiegen. Viel davon wurde jedoch bewirkt durch die Verkäufe des Opel Insignia, des Auto des Jahres 2009, welche durch die Absatzprämie kräftig angekurbelt wurden. Der Rüsselsheimer Autobauer ist also ein Gewinner in der Krise, wird aber möglicherweise in der Zukunft dennoch zu den Verlierern gehören.

Denn die „Financial Times Deutschland“ zitierte heute aus dem „Streng vertraulich“en Bericht der Investmentbank Lazard, welche von der Bundesregierung mit der Sichtung und dem Vergleich der drei Angebote von Magna, BAIC und RHJI beauftragt worden war. Und dabei kam jetzt wohl heraus: Alle drei können, wenn man es wortwörtlich sagen möchte, Opel nicht retten. Denn: Die „kritische Masse eines Volumen OEMs“ wäre „kaum erreichbar“. In Worten ausgedrückt ist OEM ein Original Equipment Manufacturer, das heißt, ein Originalausrüstungsproduzent, der eigenständig und damit von niemandem abhängig ist. Für Opel scheint dies, zumindest anhand der Bieterangebote, nicht möglich zu sein.

Der deutsche Autobauer war über viele Jahrzehnte, seit dem Aktiengang im Jahre 1929, mit dem US-Autohersteller General Motors verdrahtet gewesen, und das in jedem Bereich, den es überhaupt nur gibt. Eine Abnabelung könnte jederzeit zum Untergang führen, da Opel völlig umstrukturiert werden müsste, sei es im Einkauf oder im Vertrieb, und in vielen anderen Bereichen mehr. GM hat viel übernommen für Opel, der deutsche Autohersteller konnte sich auf sein Kerngeschäft konzentrieren, den Bau von Autos und die Entwicklung neuer Technologien in diesem Bereich. Doch eine Zukunft ohne die Mutter, egal wer jetzt Geld in Opel pumpt, sei es Magna oder der Finanzinvestor RHJ International, der chinesische Autohersteller BAIC ist ja schon aus dem Rennen, ist kaum vorstellbar. Und vielleicht hat zu Guttenberg recht, wenn er seit Monaten bereits immer wieder von einer gesundsanierenden Insolvenz spricht. Nur will dies im manchmal zu traditionsbewussten und damit die Wirklichkeit übersehenden Deutschland kaum jemand hören…

(Quelle Foto: © GM Corp)